Kunstverein Eisenstadt

Kunstverein Eisenstadt

20.2.2023
Ausstellung 

Ausstellung (ANGST) Feelings are Facts

Künstler:innen: Ursula Hübner, Andreas Karner, Kateryna Lysovenko, Assunta Abdel Azim Mohamed, Edith Payer, Michaela Putz, Christian Schwarzwald, Oskar Tremor, Michael Vonbank

Kurator: Vitus H. Weh

Entrées: Christian Schwarzwald

ANGST ist ein existentielles Gefühl: das vegetative Nervensystem schlägt Alarm, weil die eigene Vernichtung (körperlich oder seelisch) droht. Angesichts der zunehmenden Bedrohungen (Inflation, Klimakrise, Pandemie, Krieg, sozialer Abstieg) können ganze Gemeinschaften zur Angstgesellschaft mutieren. 

Manchmal ist allein die Angst vor der Angst so mächtig, dass sie lähmt und vernichtend wirkt. Spätestens dann ist es ratsam, Ängste bannen zu können. Manche Künstler:innen versuchen dies mit Visualisierungen.Tatsächlich kann die Greifbarkeit von Bildern Ängste einfangen. Die Ausstellung zeigt insofern nicht nur Kunstwerke, sondern auch Strategien zur Angstbewältigung. 

Bereits das Display der Ausstellung gleicht einem Bannzauber: Mit Hilfe von kombinierten Werken werden die bedrohlichen Dämonen dazu gezwungen, sich vornehmlich mit ihresgleichen zu beschäftigen. Raumhohe Vorhänge machen zudem die mit den Ängsten verbundene Scham greifbar. Sie verdecken und enthüllen die Ängste.

Ausstellungsdauer: 20. Februar – 2. April 2023

Öffnungszeiten: Sam 11 – 17 Uhr, Son 13 – 17 Uhr und nach Vereinbarung

FEELINGS ARE FACTS

Was sind Gefühle und wofür werden sie gebraucht? Wie geht man mit Gefühlen um, wie kann man sie kontrollieren, wie sie verstecken? Können Gefühle auch als Fähigkeiten genutzt werden? Der entsprechende Jahrestitel „Feelings are Facts“ stammt von der us-amerikanischen Tänzerin, Choreografin und Filmemacherin Yvonne Rainer. Wenn Gefühle Tatsachen sind, sind sie untrennbar mit ihren Ausdrucksmitteln und den künstlerischen Arbeiten verbunden. Die von Barbara Horvath konzipierte Ausstellungsreihe im Kunstverein Eisenstadt beleuchtet das performative Spektrum der Gefühle anhand von vier exemplarischen Realitäten. Den Auftakt macht ANGST (kuratiert von Vitus Weh) gefolgt von INTIMITÄT (kuratiert von Barbara Horvath). Als weitere Gastkuratoren sind Francis Ruyter (Wien) sowie János Borsos und Lilla Lörinc (Budapest) geladen.

Kurztexte zu den einzelnen Künstlerpositionen der Ausstellung (ANGST)

Textredaktion: Vitus Weh

Ursula Hübner

In ihrer Serie „Afterglow“ (seit 2012) transformiert Ursula Hübner Abbildungen aus alten

Wohnzeitschriften in Bühnen für Geistererscheinungen. Wer waren die Bewohner:innen dieser

Räume, die sich mit Kunst und Design umgaben? Welche Geheimnisse bergen diese Gegenstände

und Architekturen, welche Sehnsüchte und Ängste durchdringen sie? Die Serie thematisiert ein

Verschwinden, Auflösen, Ermatten, Verstummen sich wandelnder Lebensgeschichten. Interieurs,

Materialien und geisterhafte Figuren vermischen sich in den Collagen zu einem Schauspiel ohne

Handlung.

„Die Dämonen tauchen aus den Farbschlieren auf und werden zu freundlichen, schützenden

Geistern.“

Ursula Hübner (*1957 in Salzburg, lebt in Wien)

Andreas Karner

Die Bilder und Zeichnungen von Andreas Karner entstehen im einsamen Waldviertel. Sie werden

akribisch gearbeitet, bei den Scherenschnitte benötigt die Fertigung sogar mehrere Wochen. Die

Motive sind dem Künstler meist selbst rätselhaft und brechen unvermittelt ins Unheimliche. Sein

raffiniertes Zusammenspiel mit einem grotesken Humor halten den Absturz jedoch in der Schwebe.

„Als ich acht Jahre alt war, lief im ORF-Abendprogramm der Stummfilm „Nosferatu“ von Murnau.

Danach war ich eine Woche lang in Panik. Die Stille und das Grausen aus dem surrealen Assoziativen

hatten mich gepackt. Ich habe mir dann ein Foto aus der Fernsehzeitschrift gerissen und jahrelang im

Geldbörserl mit mir geführt. Seine Gotik verfolgt mich bis heute.“

Andreas Karner (*1960 in Wien) ist Zeichner, Musiker und Literat.

Kateryna Lysovenko

Kateryna Lysovenkos Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste in Kiew war klassisch an den

Vorbildern der griechischen Antike mit ihren mythologischen Figuren und Heldendarstellungen

orientiert. Für individuelle Sprachen und Perspektiven war kaum Platz. Im Zuge der russischen

Übergriffe auf die Ukraine wurde ihr immer deutlicher, dass auch die allgegenwärtigen

monumentalen Selbstdarstellungen der sowjetischen Ära in dieser Antiken-Tradition stehen.

Kateryna Lysovenko entwickelte daraus eine post-mythologische Traumaverarbeitung, die in den

alten Erzählungen ein individual-utopisches Potenzial entdeckt.

„I carry gardens of sorrow, gardens of anger from irreparable loss, I remember everything that

disappears, I want to breathe wider to accommodate more, I am now a moving cemetery. Such is my

way of preserving everything which has been obliterated in and around me. In my cemetery garden I

am thus engaging in a utopian act of resurrection, an act of disagreement to the repeated replication

of nameless graves, violence and murder. I dissent.“

Kateryna Lysovenko (*1989 in Kyiv / Ukraine, lebt seit 2022 in Wien)

Assunta Abdel Azim Mohamed

Die blauen und grünen Kugelschreiberzeichnungen von Assunta Abdel Azim Mohamed erinnern in

ihrer monochromen Machart und Verwendung von ornamentaler Arabesken stark an mittelalterliche

Grissaillemalerei. Wie diese sind sie vordergründig schlicht und zugleich unheimlich plastisch.

Dargestellt sind aber keine Heiligenfiguren, sondern Jugendliche von heute in ihren üblichen

Klamotten und Haltungen. Dass sie nicht glücklich ausschauen, sieht man bereits von fern. Dass ihre

Körper wundenübersät und ihre Handlungen voller gegenseitiger Nickligkeiten sind, entdeckt sich

erst bei näherer Betrachtung.

„Mit Horror Vacui benennt man die Angst vor der Leere. Jedes neue Blatt Papier beginnt für mich mit

derselben Ohnmacht und dröhnenden Stille. Erst wenn sich das Blatt füllt und die Leere mühselig

bezwungen wird, ist der Horrer gebannt. Bis ich das nächste Blatt beginne.“

Assunta Abdel Azim Mohamed (*1993 in Klagenfurt, lebt in Wien)

Edith Payer

Für ihre Serie der „Texas Things“ hat die Künstlerin Masken der Hopi, einem indigenen Volk aus dem

heutigen US-Bundesstaat Arizona, aus Jeansstoff nachgeschneidert, um tief in den Strudel der

„kulturellen Aneignung“ einzutauchen. In der Ausstellung wurde die Masken neben einer

ausgeschlagenen Mauerecke platziert, die bei genauerem Hinsehen ein Gesicht erkennen lässt, das

schließlich die Rolle eines Kommentators einnimmt.

„Bei der Serie „Texas Things“ kommen mir immer die Deodanden in den Sinn, also Gegenstände, die

für den Tod von Menschen verantwortlich waren und dafür gerichtlich verurteilt wurden. Sie

bezeugen, dass auch in unserer Kultur Gegenstände einmal viel machtvoller waren. Würde ein

Kernkraftwerk oder ein Flugzeug dafür verurteilt werden können, dass es Umweltverschmutzung

begeht, dann wäre vieles ganz anders.“

Edith Payer (*1975 in Wolfsberg, wohnt in Wien und Redlschlag / Burgenland)

Michaela Putz

Ein schwarzer Spiegel gibt nur das Allernächste wider, die weitere Umgebung hingegen verschluckt

er. Ähnlich ergeht es auch Narzissten: sie spiegeln sich zwar in ihrer Größe, verlieren aber die Welt

um sich herum. Ein „Narcissus Pond“ von Michaela Putz gleicht zudem einem schwarzen Loch, das

einen verschlucken möchte. Ob es wohl sehr voll oder einsam darin ist?

„Die schmutzigen Oberflächen von Screens verlocken uns dazu, mit ihnen und unseren digitalen

Abbildern zu verschmelzen. Ähnlich legen sich auch Ängste wie Schlieren und Flecken auf die

Wahrnehmung und machen es schwer, klar zu denken, Benommenheit macht sich breit. Man sollte

sich nicht mit hinabziehen lassen!“

Michaela Putz (*1984 in Oberwart, lebt in Wien)

Christian Schwarzwald

Das Stiegenhaus, durch das man den Kunstverein Eisenstadt betritt, ist seit letztem Herbst mit einer

großen Raumzeichnung von Christian Schwarzwald überzogen. Betitelt ist das Werk mit SKIP. Für die

Ausstellung ANGST hat es der Künstler durch einen großen Vorhang ergänzt, den er mit weiteren

Wörtern aus exakt vier Buchstaben beschrieben hat. Mit „Four-Letter-Words“ sind im Englischen

vornehmlich Schimpfwörter gemeint, aber auch große Gefühle wie LOVE, HATE oder FEAR schreiben

sich mit vier Buchstaben. Der Vorhang führt exemplarisch vor, wie kreisend solche Wörter/Gefühle

sein können: Sie geben eine Orientierung innerhalb eines Zeichen- und Bildsystems, kennen aber oft

kein Außerhalb.

„Zeichnung ist für mich eine buchstäbliche Beschreibung der Welt. Zugleich erschafft sie auch eine

Verbindung zu anderen Menschen, da „Zeichen“ immer eine Gemeinschaft voraussetzen. Meine

Entrées zur Ausstellung sind ähnlich doppelt codiert: Sie sind Überschriften und Überdeckungen

zugleich.“

Christian Schwarzwald (*1971 in Salzburg, lebt in Wien und Berlin)

www.christianschwarzwald.net

Oskar Tremor

Oskar Tremor ist das Pseudonym eines jungen Studenten, der sein Erwachsenwerden mit

Zeichnungen und Texten umkreist. Auf seinen Blättern entwirft er mit sanftem Bleistift

metaphorische Szenen, die dann durch kurze Schreibmaschinentexte hart ergänzt werden. Die Bilder

sprechen von einer Beklemmung, von den Ängsten eines Jugendlichen, der versucht diese zu

bearbeiten. Die Zeichnungen entstehen in einem täglich sich wiederholenden Arbeitsprozess, wobei

ein Bild pro Tag die verschiedenen Gemütszustände einfängt. Die getippten Sätze werden später als

kühlere Reflexionen hinzugefügt. Eine Auswahl aus diesen Tagebildern findet sich in der Ausstellung

wieder.

„Anfangs versuchte ich die Angst zu verdrängen. Dabei ist Angst ja eine vertraute Emotion. Sie lässt

uns täglich handeln. In meinen Zeichnungen versuche ich meine Ängste für mich nahbar zu machen.“

Oskar Tremor (*2003 in Wien)

Michael Vonbank

„Vom Hören und Sagen“ und „Charma: Meine Tage kannst du zählen“ titeln zwei 320x200cm große

Editionen auf Stoff, die in der Ausstellung als Vorhänge die Angst-Motive des bildnerischen Werks

von Michael Vonbank rahmen. Der erste Vorhang bildet die dicht beschriebene Atelierwand in

Originalgröße ab, die als Wort- oder Textteppich Michael Vonbanks spontan hingeworfenen

Aphorismen, Gedanken und Gedichte auf sich versammelt. Der zweite Vorhang zeigt ein bildnerisches

Werk aus 2011. Die Angst-Motive der gezeigten Malerei pendeln zwischen Schockstarre aus

existenzieller Bedrohung und Angst vor der Endlichkeit und dem Tod.

„Gefühle sind für mich Lust und Erkenntnis, Kunst experimentelles Theater. Angst, Freude,

Traurigkeit – in der Achterbahn der Gefühle wechsle ich in meinem Kunst-Theater laufend die Rollen,

bin Regisseur, Schauspieler, Bühne und Publikum zugleich. Gefühle sind in diesem Theater mein

wichtigster Rohstoff.“

Michael Vonbank (1964-2015) war Maler, Zeichner, Bildhauer und Literat. www.michaelvonbank.at

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